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Himmelsleiterlauf 2021: 1600 Stufen für einen Rennrollstuhl

Eines der Wahrzeichen Heidelbergs ist der Königstuhl, der zentral im Stadtzentrum gelegene, 568 m hohe Hausberg. Eine Möglichkeit, um auf den Königstuhl zu gelangen, ist die sogenannte „Himmelsleiter“, eine Sandsteintreppe mit rund 1600 Stufen vom Heidelberger Schloss bis zum Gipfel. Und das Hinaufsteigen der Himmelsleiter lohnt sich zur Zeit doppelt: Durch den „Himmelsleiterlauf“, einen Spendenlauf, an dem man noch bis zum vierten Advent teilnehmen kann, soll ein Rennrollstuhl für einen körperbehinderten Triathleten finanziert werden. In diesem Beitrag erfahrt Ihr, wie das funktioniert und was ich dabei heute erlebt habe.

 

Organisiert und durchgeführt wird der Himmelsleiterlauf vom „Heart Racer Team“. Das ist ein Verein, der jungen Menschen mit Behinderung den Triathlonsport ermöglichen möchte. So wurden beispielsweise auch unsere Triathlon-Trainings, an denen ich in der Blindenschule teilgenommen habe, vom Heart Racer Team organisiert. Seit 2012 werden durch den Himmelsleiterlauf Investitionen für Sportlerinnen und Sportler mit Behinderung finanziert, dieses Jahr – wie bereits erwähnt – ein Rennrollstuhl für einen körperbehinderten Triathleten.

 

Mitmachen ist ganz einfach: Unten am Start der Himmelsleiter gibt es ein Kästchen mit Postkarten. Jede mitlaufende Person holt sich eine Postkarte, füllt sie aus und nimmt sie mit nach oben. Am oberen Ende der Himmelsleiter befindet sich dann ein Briefkasten, in den die Karte eingeworfen wird. Für jeden absolvierten Lauf werden durch verschiedene Sponsoren aus Heidelberg, Schwetzingen und Wiesloch zehn Euro gespendet.

 

Für mich war von Anfang an klar, dass ich einen Beitrag zu dieser Aktion leisten wollte. Jetzt kann ich aber blind nicht einfach mal an einem freien Nachmittag alleine losziehen. Da habe ich eine der Mitinitiatorinnen des Heart Racer Teams, die ich noch aus meiner Triathlon-Zeit kannte, kontaktiert und wie der Zufall es wollte, wollte eine Bekannte von ihr ohnehin dort laufen und war gerne bereit, mich bei dieser Gelegenheit kennenzulernen. Dass ich an ihrem geplanten Lauftag Urlaub hatte und die Bekannte gerade einmal zehn Autominuten von mir entfernt wohnte, machte die Sache dann perfekt.

 

Und so fuhren wir heute, dem 16.12.2021, gemeinsam mit einem weiteren Bekannten von ihr, mit dem Auto nach Heidelberg zum Schloss. Für uns alle war es eine spannende Situation. Es ist ja immer etwas aufregend, mit Leuten unterwegs zu sein, die man zuvor noch nie persönlich getroffen hat – für mich als Blinde vielleicht nochmal im Besonderen, da dieses Vorhaben, allein schon aufgrund der auszufüllenden Postkarte, ohne sehende Unterstützung nicht umsetzbar wäre. Aber auch für die anderen beiden war das Zusammentreffen mit einer blinden Person etwas vollkommen Neues.

 

So dauerte es einige Stufen, bis ich ein Gefühl dafür hatte, wie meine Begleiterin ihre Schritte setzt (ich hielt mich mit einer Hand an ihrem Rucksack fest, während ich mit der anderen Hand meinen Blindenstock unterstützend einsetzte) und bis wir herausgefunden hatten, was für Ansagen ich brauche und möchte. Das war aber wirklich nur eine kurze Findungsphase, und dann marschierten wir ganz selbstverständlich die Stufen hinauf. Konzentrieren musste ich mich durchaus, da die Stufen unterschiedlich breit und unterschiedlich hoch sind (Naturstufen eben), aber durch eine gute Kommunikation – nicht nur verbal, sondern auch über den Rucksack als physische Verbindung – fühlte ich mich durchgehend sehr wohl und war bis auf wenige Ausnahmefälle sehr trittsicher.

 

Oben angekommen warfen wir dann unsere Postkarten ein, begeistert und dankbar, wie gut alles geklappt hat, bevor wir – diesmal aber über einen anderen, stufenfreien Weg – wieder runter zum Schloss spazierten und rundum zufrieden zurückfuhren.

 

Es war eine super Erfahrung für mich, auf Leute zu treffen, die vollkommen offen und vorurteilsfrei auf mich zugegangen sind und die mich trotz meiner Blindheit ohne zu zögern mit in ihr Laufteam aufgenommen haben. Wir haben auf der Autofahrt schnell gemeinsame Gesprächsthemen gefunden und uns beim Laufen voll aufeinander eingelassen. Daher hat sich der Himmelsleiterlauf in jeder Hinsicht gelohnt – nicht nur, um einen Beitrag für die Finanzierung des Rennrollstuhls zu leisten. An dieser Stelle vielen Dank für die unkompizierte Zusammenarbeit und den äußerst kurzweiligen Nachmittag!

Kerstin mit der Postkarte in der Hand am Startpunkt

Kerstin und Barbara beim Einwerfen der Karte in den Briefkasten auf dem Königstuhl