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„Kultur in der Natur“ 2022

Kerstin während des Auftritts am E-Piano

Am Sonntag, den 17.07.2022, spielte ich – wie bereits im vergangenen Jahr – bei „Kultur in der Natur“, einer Veranstaltung, die jährlich von den Naturfreunden Karlsruhe an ihrem Bootshaus in Daxlanden-Rappenwört organisiert wird.

Eigentlich hätte ich die Veranstaltung wieder gemeinsam mit Katharina und Johanna, einem Duo mit Klavier und Violine, zusammen gemacht. So hatten sowohl ich als auch sie einige Lieder einstudiert und als Abschluss hatten wir – nachdem das letztes Jahr so super geklappt hat – auch wieder ein gemeinsames Lied geplant. Leider stellte sich dann kurz vor dem Auftritt jedoch heraus, dass die beiden nicht dabei sein konnten (Corona macht eben auch vor uns Musikern nicht Halt…) und so bestand meine Challenge darin, auf einmal alleine zu sein. So viel vorab: Vorbereitet hatte ich 20 Minuten Programm, gespielt habe ich am Ende eine knappe Stunde.

Gegen 09.30 Uhr erreichte ich mit meinem Vater das Bootshaus der Naturfreunde. Trotz der aktuell dort eingerichteten Großbaustelle (das Bootshaus wird zur Zeit komplett umgebaut) konnten wir unter dem sanften Rauschen der Bäume und bei herrlichstem Wetter alles ausladen, anschließen und testen.

Um 11.00 Uhr ging es los. Es war mit etwa 15 Personen, die zum Zuhören gekommen waren, eine kleine, aber feine Runde eingetroffen, die mir ein wunderbares Umfeld für meine Generalprobe für meinen großen Auftritt bei Das Fest bot. Die Stimmung war sehr offen und man vermittelte mir das Gefühl, dass Fehler nicht schlimm sind und es einfach darum geht, ein bisschen Musik zu hören, was die Aufregung gar nicht erst aufkommen ließ. Gleichzeitig ruhte die Atmosphäre total in sich selbst, sodass ich heute nicht mit viel Power und Interaktion um die Ecke kam, sondern viele Lieder am Stück durchspielte und nur wenige (und dann nur sehr kurze) Ansagen machte.

Nachdem die Das Fest-Generalprobe – das Programm, das ich auch gespielt hätte, wenn die anderen Musikerinnen dabei gewesen wären – zufriedenstellend über die Bühne gegangen war, stellte sich nun die spannende Frage: Was mache ich jetzt, wo die Leute eigentlich gerade erst so richtig angekommen sind? Die Lösung war: Perfektionismus ausblenden und volle Kraft voraus mit ungeübten Liedern, auch wenn ich diese teilweise seit Monaten nicht mehr gespielt hatte.

Entsprechend fehlertolerant mussten mein Publikum und ich dann auch sein: Bei einem Lied fing ich munter an und war an einer Stelle plötzlich irritiert, weil ich diese doch schon mal gespielt hatte – bis mir auffiel, dass ich versehentlich mit Teil 2 anstatt mit Teil 1 angefangen hatte. Ein anderes Lied stimmte ich – wie auch immer das zustande kam – in einer anderen Tonart als sonst an und fragte mich dann, warum das heute so anders klang. Und während eines weiteren Liedes zerbrach ich mir die ganze Zeit den Kopf darüber, wie die Begleitung denn nochmal ging, und kam lediglich zu dem Schluss, dass sie sich definitiv anders anhörte als das, was ich spontan zusammenimprovisierte. Die Qualität war sicherlich nicht herausragend, aber dafür hatte ich meinen Perfektionismus so im Griff, dass mal wieder alles fließen durfte und ich es sogar ein bisschen genießen konnte, manche Lieder, an denen zwar gewisse Erinnerungen/Bedeutungen hängen, die ich aber schon sehr lange nicht mehr live gespielt habe, noch einmal vor Publikum zu Gehör zu bringen. Zugegeben, am Ende mangelte es dann auch an der Konzentration – ich war Auftritte von maximal 30 Minuten gewohnt und hatte bislang nur einmal länger gespielt (und das ist lange her). Aber ich hatte ja alle Freiheiten, alles so zu gestalten, wie ich es brauchte und wollte.

Ich beendete das Konzert mit dem Lied, ohne das es in dieser Location einfach nicht geht: „Music at the river“. Ich genoss die leichte Brise, die mir um die Nase wehte, genoss die Stille um mich herum und genoss den Gedanken, dass die anderen den Fluss möglicherweise sogar gerade sehen können. Wie im letzten Jahr mein absolutes Highlight und ein fast magischer Moment!

Im Anschluss gab es noch eine Führung über die Bootshaus-Baustelle und wir saßen noch eine Weile gemütlich bei belegten Baguettes und Getränken zusammen und genossen das schöne Wetter. Es war, wie im letzten Jahr, ein sehr angenehmer Auftritt – wenn auch ganz anders. Es war durchaus eine Ausnahmesituation für mich und sehr vieles ergab sich spontan. Aber es war eine bestärkende Erfahrung, zu spüren, dass auch das geht, wenngleich die Qualität vielleicht geringfügig darunter leidet. Es ist toll, sich auf ein so starkes Repertoire an Liedern verlassen zu können – jederzeit. Egal, ob und wie oft ich diese Lieder live spiele oder auch nicht, die kann mir niemand nehmen! Und es ist toll, wenn der innere Kritiker in den Hintergrund tritt und das Herz und das Gespür entscheiden dürfen, welches Lied als nächstes dran ist.