Gemeinschaft erleben, neue Menschen kennenlernen, sich frei entfalten oder auch Neues ausprobieren … All das konnte man am 20.03.2022 im Rahmen eines Aktionstages anlässlich des Welttags des Glücks in der Kulturküche Karlsruhe, der von der Stiftung Kraftnetzveranstaltet wurde – unter anderem auf der von mir initiierten „Mitmachbühne“, einem offenen Raum, der zum freien gemeinschaftlichen Singen und Musizieren einlud.
Der Aktionstag begann gegen 14.00 Uhr mit einer kleinen Begrüßung, bei der alle Aktionen kurz vorgestellt wurden. Zuvor hatte ich rund um das Klavier alle vorhandenen Instrumente (Gitarre, Akkordeon, Cajon und verschiedene Trommeln) hergerichtet.
Nachdem sich alle an der Kuchenauswahl bedient hatten, starteten nach und nach die verschiedenen Aktionen. Neben der Mitmachbühne waren das u. a. noch ein Malangebot („GlücksKunst“) oder das „Schwätzbänkle“.
Bei meiner Aktion war vor allem Flexibilität gefragt: Wie mutig sind die Leute, die kommen? Fangen sie von selbst an zu musizieren oder muss ich erst darauf aufmerksam machen und ermutigen, indem ich einen bewussten Anfang mache? Und was sind das für Menschen, die die Instrumente spielen? Sind sie schüchtern oder dominant, musikalisch oder unmusikalisch, Schlager-Fans oder Klassikliebhaber …? Letzendlich machte eine andere Helferin des Kraftnetzes den Anfang und lockte durch ihr Klavierspiel die ersten Musikbegeisterten in den Raum.
Was dann geschah, war so faszinierend und wunderbar, wie es nur die Sprache der Musik ausdrücken kann. Es wurde – insbesondere in der Anfangsphase – relativ wenig gesprochen und so habe ich immer wieder musikalische Impulse gesetzt. Sobald aber die Grundlage (häufig einfache Friedens- oder Herzenslieder, die nur aus einem kurzen Text und wenigen Akkorden bestanden und immer wiederholt wurden) gelegt war, wurde munter improvisiert. Dabei konnte es durchaus sein, dass die Instrumente im Laufe eines Liedes ihren Besitzer wechselten. Für mich war das natürlich insofern besonders spannend, weil die anderen gesehen haben, was im Raum passiert und ob z. B. die Gitarre gerade von einem Mann oder einer Frau gespielt wird, wie alt die Person ungefähr ist etc. Ich bemerkte nur, dass ein Instrument plötzlich nicht mehr (oder wieder) oder in einer anderen Klangfarbe, einem anderen Rhythmus o. Ä. zu hören war. Teilweise hatte ich keine Ahnung, mit wem ich da gerade musiziere – und trotzdem funktionierte es. Es entstand eine Verbindung, ohne dass man sich kannte – und ohne sich vorher abgesprochen zu haben, kamen die Lieder immer zu einem gemeinsamen und harmonischen Schluss.
Später kamen auch mehr (musikalische und sprachliche) Impulse aus der Gruppe. So gab es zwischendurch eine intuitive Trommeleinlage, ein wunderbar meditatives Stück einer Handpan-Spielerin und einen sehr regen Austausch. Den Abschluss auf der Mitmachbühne machten ein paar Kinder etwa im Kindergartenalter, die voller Neugierde und Tatendrang das Klavier und die Trommeln eroberten, mal laut, mal leise, mal die hohen, mal die tiefen Töne spielten und dazu ein Kinderlied sangen.
Mir hat dieser Nachmittag gleich mehrere Sachen verdeutlicht. Zum einen natürlich einmal mehr, warum ich Musik so liebe. Da waren Leute im Alter von zwei oder drei bis über 70, teils mit, teils ohne Behinderung. Manche waren vor Corona regelmäßig bei Jam Sessions oder spielen seit Jahren in Bands, andere haben sich einfach an ihre Kindheit erinnert gefühlt, als sie eine Rassel in die Hand nahmen oder auf die Trommel schlugen. Musik ist eine Sprache, die über alle Grenzen hinweg funktioniert – so gab es auch überhaupt keine Verständigungsschwierigkeiten, als sich ein Musiker ohne Deutschkenntnisse zu uns gesellte. Zum anderen lohnt es sich, manche Ideen einfach mal umzusetzen, ganz nach dem Motto „Einfach mal machen – könnte gut werden“. Seit Jahren möchte ich mit Hilfe von Musik anderen und mir selbst einen Moment der Freude schenken, einen offenen Raum schaffen, in dem eine ungezwungene und ganzheitliche Selbstentfaltung möglich ist, und Menschen miteinander verbinden. Mit der Mitmachbühne habe ich erstmals aus eigenem Antrieb heraus ein solches Umfeld angestoßen – und es hat sich gelohnt!