In den letzten zwei Wochen vor den Weihnachtsferien, vom 12.12. bis zum 21.12., fand meine Weihnachtsaktion statt. Dabei ging es darum, an Menschen zu denken, an die man sonst nicht denkt – und zwar nicht irgendwo weit weg, sondern ganz regional: An meiner eigenen Schule.
An der Schule, die ich besuche, leben und lernen blinde und sehbehinderte Kinder sowie Kinder mit einer Mehrfachbehinderung. Viele leben dort im Internat, da die Schule zu weit von ihrem Zuhause entfernt ist. So ist die Schule für viele zur zweiten Heimat geworden. Aber natürlich braucht es auch Menschen, die dafür sorgen, dass der Schulalltag gut funktioniert. Oft ist man häufig selbst so beschäftigt, dass man viele Personen, die wichtige Aufgaben übernehmen, im Alltag ganz vergisst. Das ist keine Kritik an irgendwem, das ist einfach so – und trotzdem ist es schade. Deshalb habe ich mich dieses Jahr genau auf diese Personen konzentriert und gleichzeitig verdeutlicht, dass auch Lehrer oder Erzieher nur Menschen sind.
Teil 1: An Menschen denken
Vor Beginn der Aktion hieß es erstmal einkaufen gehen – für viele Menschen, die an unserer Schule wichtige Aufgaben übernehmen, aber deren Arbeit im Schulalltag häufig gar nicht richtig geschätzt wird. Ich wollte diesen Anlass nutzen, um „Danke“ zu sagen – mit netten Worten, Schoko-Nikoläusen und Schoko-Bären. Und auch wenn Dir das vielleicht zunächst langweilig erscheint: Man kann dabei wahnsinnig viel erleben!
1. Wäscherei
Im normalen Internatsalltag läuft das so: Die Schülerinnen und Schüler werfen ihre schmutzige Wäsche in die Wäschecontainer und bekommen sie sauber wieder zurück. Aber was passiert eigentlich dazwischen? Die Frauen in der Wäscherei, die die Wäsche waschen, falten und bügeln, werden häufig gar nicht wahrgenommen. Doch ich habe mich auf den Weg gemacht, um ihnen ein kleines Dankeschön zu bringen. Wie lange war ich schon nicht mehr in der Wäscherei? Ich weiß es nicht. Jedenfalls war ich sehr froh, dass die Chefin zufälligerweise gerade dort war, mich gleich gesehen hat und mir den Weg zeigen konnte.
2. Küche
Wenn der Unterricht zu Ende ist und alle hungrig in den Speisesaal stürmen, steht das Essen meist schon auf dem Tisch. Wenn alle dann essen, hört man eher ein „igitt“ als ein „lecker“. Aber wie viel Arbeit eigentlich hinter so einem Essen steckt, ist den meisten nicht bewusst. Das ist einfach Alltag. Deshalb haben auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Küche ein kleines Geschenk verdient. Hier war es nicht ganz so einfach, auf sich aufmerksam zu machen, denn alle waren eifrig beschäftigt – aber meine Ukulele half mir: Schon nach wenigen leisen Tönen kam eine Küchenfrau zu mir herüber und konnte die Dose mit Schokobären entgegennehmen.
3. Textservice
Wenn man in der Schule in den Schulbüchern liest, denkt man vermutlich vor allem an die Inhalte. Aber einmal habe ich mich etwas anderes gefragt: Wer überträgt das alles eigentlich, scannt die „normalen“ Schulbücher ein und macht sie so barrierefrei, dass sie von blinden Menschen am Computer gelesen und bearbeitet werden können? Die Antwort: Der Textservice. Dabei ist es fast peinlich, dass ich in meinen ganzen zehn Jahren an dieser Schule noch kein einziges Mal dort war. Aber das sollte sich hiermit ändern, denn wer uns blinden die Möglichkeit auf gleichberechtigte Bildung wie die sehenden erst ermöglicht, hat auch eine Gegenleistung verdient. So machte ich mich ganz gespannt auf den Weg – und ging unheimlich erfrischt, aber andererseits auch etwas nachdenklich wieder zurück: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren sehr interessiert, da sie normalerweise keinen Kontakt zur Schülerschaft haben und wir waren schon bald in ein langes Gespräch vertieft, in dem äußerst viel gelacht wurde, und gleichzeitig ist es schade, wie viele nette Menschen es an unserer Schule gibt, die wir Schüler gar nicht richtig kennen. Ein Glück, dass ich bei meiner Aktion ein bisschen herumkomme …
4. Verwaltung
Was wäre, wenn keiner über die finanzielle Lage der Schule Bescheid wüsste, wenn alle Briefe nicht gelesen und beantwortet werden würden und wenn allgemein niemand schauen würde, ob alles seine Ordnung hat? Dann würde so einiges nicht funktionieren. Aber dafür gibt es ja die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung! Auch für sie hatte ich eine Kleinigkeit. Aber obwohl ich schon zehn Jahre an der Schule bin, da hörten meine Wegkenntnisse wirklich auf und mir war gleich klar: Alle Büros würde ich nicht finden. Ein Glück gibt es an unserer Schule viele nette Menschen, die mir helfen konnten – und all diejenigen, die ich nicht persönlich angetroffen habe, bekamen ihr Geschenk vom Sekretariat. Das war zwar irgendwie schon schade, dass wir uns nicht persönlich begegnen konnten, aber ich bin dennoch sehr froh über die vielen Menschen an unserer Schule, die die Dinge vertrauensvoll weitergeben.
5. Hausdienst
Sie basteln und tüfteln, wenn mal etwas nicht so funktioniert, wie es funktionieren soll. Sie tragen Stühle, Tische, Instrumente oder anderes von A nach B, je nachdem, wo es gebraucht wird. Ihr Elektroauto dürfte allen Schülerinnen und Schülern bekannt sein. Schon erkannt, um wen es geht? Richtig, um die Hausmeister. Auch sie haben mal eine kleine Stärkung verdient – was für ein Zufall, dass gerade alle versammelt waren, als ich zum Büro des Chefs kam …
6. Pforte
Die Arbeit an der Pforte beinhaltet Schultore aufmachen, wenn jemand klingelt oder die Leute wieder herauswollen und ganz viel telefonieren. So bin ich an einem kühlen, verregneten Spätnachmittag mit Schokoladennikoläusen bewaffnet zur aktuell diensthabenden Pförtnerin aufgebrochen, um dieser Nervennahrung für das ganze Team zu bringen. Dabei wurden auch hier ein paar nette Worte gewechselt, bevor es für mich weiterging.
7. Pflegekräfte und Fachlehrer K
Viele mehrfachbehinderte Kinder haben ganz spezielle Bedürfnisse. Zum Beispiel können sie nicht alleine essen oder nicht alleine auf die Toilette gehen, weshalb sie Windeln tragen oder über eine Sonde ernährt werden müssen. Absolut nachvollziehbar, dass es nicht so einfach zu bewerkstelligen wäre, wenn die Lehrerinnen und Lehrer in der Unterrichtszeit immer noch Windeln wechseln müssten. Deshalb gibt es spezielle Pflegekräfte, die diese Kinder unterstützen und die Lehrerinnen und Lehrer dadurch entlasten. Und nicht nur das: Da viele Kinder aufgrund einer Körperbehinderung weitere diesbezügliche Förderung brauchen, gibt es die sogenannten Fachlehrer K, ein Team aus Therapeutinnen und Therapeuten. Viele Schülerinnen und Schüler dürften gar nicht wissen, dass es diese Bereiche gibt (insofern sie nicht selbst etwas mit diesen zu tun haben). Deshalb habe ich auch dorthin einen kleinen Weihnachts- und Dankesgruß versendet – im wahrsten Sinne des Wortes, denn da die Zeit für einen persönlichen Besuch leider nicht ausreichte, wurden die Geschenke ganz bequem per „Hauspost“ verschickt und vom stellvertretenden Schulleiter überbracht.
Teil 2: Weihnachtskarten
Lehrerinnen und Lehrer sind auf den ersten Blick eher unbeliebt, denn sie bestimmen, was man als Schüler/Schülerin zu tun hat, geben Hausaufgaben auf und verteilen womöglich auch noch schlechte Noten. Auf den zweiten Blick sind aber auch Lehrerinnen und Lehrer ganz normale Menschen und sind als solche vielleicht gar nicht so streng, wie es auf den ersten Blick ausschaut. Gleiches gilt für die Erzieherinnen und Erzieher, für die Putzfrauen, die die Internatsgruppen und Schulgebäude putzen – und auch für die Schulleitung. Deshalb habe ich mir meine Punktschriftmaschine geschnappt und Karten gebastelt – insgesamt 17 Stück! Wo diese gelandet sind, erfährst Du hier:
1. Fachlehrer
Alle Lehrerinnen und Lehrer, die mich in einem Hauptfach unterrichten, haben eine Weihnachtskarte bekommen. Eigentlich eine nette Geste, oder? Aber das Schenken einer Karte ist gar nicht so einfach wie es vielleicht scheint – denn womöglich hat man den entsprechenden Lehrer oder die entsprechende Lehrerin zwar schon jahrelang im Unterricht, dennoch kostet es Überwindung, auf die Personen zuzugehen und zu sagen: „Ich habe da noch was für Sie …“ Doch ich habe meine Angst überwunden und so hatte am Ende jede Karte ihren Adressaten bzw. ihre Adressatin gefunden.
2. Erzieherinnen
Man begegnet ihnen jeden Tag, wenn man im Internat ist: Den Erziehern und Erzieherinnen. So habe ich auch den Erzieherinnen meiner Internatsgruppe Weihnachtskarten geschenkt – und die Freude darüber war nicht zu übersehen.
3. Leitungsteam
Auch die Schulleiterin und der stellvertretende Schulleiter profitierten von meiner Aktion, denn sie bekamen mit einer Weihnachtskarte und einem Schoko-Nikolaus sogar das doppelte Programm. Dabei konnte ich die Umschläge sogar persönlich übergeben – und auch bei den Menschen in den höchsten Positionen unserer Schule konnten sich alle Beteiligten über freundliche und offene Begegnungen freuen.
4. Reinigungskräfte
Die beiden verbliebenen Weihnachtskarten gingen an die beiden Reinigungskräfte, mit denen ich häufig zu tun habe. Die eine reinigt die Internatsgruppe, die andere in meinem Klassenzimmer. Bei all der Arbeit ist es doch nett, ein kleines Zeichen weiterzugeben.
Fazit
Durch meine Aktion, insbesondere durch den ersten Teil, habe ich viele nette Leute und bislang unbekannte Orte meiner Schule kennengelernt, was sehr spannend war. Ich habe gemerkt, wie einfach es sein kann, anderen eine Freude zu bereiten – und ganz wichtig: Erwachsene freuen sich genauso über Geschenke wie Kinder. Das Beste daran: Dafür braucht es noch nicht einmal viel. Es reicht schon ein freundliches „Danke“ aus. Es ist nämlich nicht wichtig, möglichst viel zu schenken, sondern dass man an die Menschen denkt.
Inspiration
Morgen ist Heiligabend und danach folgen zwei freie Weihnachtstage. Nutze diesen Anlass und überlege Dir einmal, welche Person eine wichtige Position in Deinem Leben einnimmt und dieses entscheidend bereichert und zeige dieser, dass Du an sie denkst. Ein einfaches, aber ehrlich gemeintes „Danke“ kann dabei schon genügen.