Am Donnerstag, den 21.09.2017, konnte ich eine weitere Form des Radsports ausprobieren.
Um 16.00 Uhr fuhren mein Tandempartner und ich mit dem Renntandem eines Freundes meines Tandempartners nach Mannheim, denn dort gibt es Radrennbahn. Das Renntandem war zunächst etwas ungewohnt für mich. Der Lenker sah anders aus als bei normalen Tandems und befand sich relativ weit vorne, sodass man fast auf dem Tandem lag. Der Sattel war extrem hart, viel härter als ein normaler Tandemsattel. Was zudem beim Fahren nervig war, war die Tatsache, dass die Reifen auf jede winzige Erhebung reagierten. Das hatte zur Folge, dass man Bordsteine oder Unebenheiten auf dem Boden viel extremer wahrnahm als mit anderen Tandems. Auch war man schnell bei Geschwindigkeiten von 30 Stundenkilometern, obwohl man sich eigentlich gar nicht besonders anstrengte. Bei einem Straßentandem ist man da vielleicht bei 18 bis 20 Stundenkilometern. Als wir an der Radrennbahn ankamen, war dort gerade offenes Training, zu dem alle Mitglieder des Vereins kommen konnten. Die Rennbahn gehörte nämlich zu dem Radsportverein RRC Endspurt Mannheim, mit dem meine Schule eine Kooperation starten wollte. Da mein Tandempartner und sein ebenfalls blinder Freund (derjenige, von dem wir das Renntandem ausgeliehen hatten) Mitglied in diesem Verein waren, durfte er auch mit mir auf die Bahn. Die Leute dort nahmen mich sehr offen auf und ich glaube sogar, dass sie sich gefreut haben, dass ich auch mal auf der Bahn fahren wollte. Es gab eine kürzere Innen- und eine längere Außenbahn. Auf der Außenbahn gab es sogar Steilkurven mit einer Steile von bis zu 37 Grad! Am Anfang dachte ich: Wie will man da fahren? Doch letzendlich war es herzlichst unspektakulär, man spürte von der Kurve beim Fahren nämlich so gut wie gar nichts. Auf der Bahn erreichten wir Geschwindigkeiten von über 40 Stundenkilometern. Es war richtig anstrengend, weil man einfach komplett anders auf dem Rad saß, aber sehr spannend. Zwischendurch fuhren wir mit einer Gruppe von anderen Rennfahrern auf Einzelrädern zusammen. Wir sind einfach in die Gruppe dazugestoßen und man hat uns akzeptiert. Das war eine wirklich interessante Erfahrung! Am Ende waren wir noch in der Vereinswerkstatt. Dort gab es alles, was mit Fahrrädern zu tun hatte. Als wir uns wieder aufs Rad schwingen und uns auf den Rückweg machen wollten, fiel uns im letzten Moment noch ein, dass die Kamera vom Filmen unserer Fahrt auf der Radrennbahn noch an der 37 Grad-Steilkurve lag. Wir hatten sie völlig vergessen. Also hatte sie erstens viel zu viel aufgenommen und war sogar ein bisschen warm. Aber wir waren froh, dass wir noch rechtzeitig gemerkt hatten, dass sie noch da lag und sie mitnahmen.
Gegen 20.30 Uhr war ich wieder im Internat. Es war ein spannendes Erlebnis. So ist Rennradfahren ziemlich anstrengend, andererseits aber auch mit einem ganz besonderen Gefühl verbunden – wenn sich eine Gelegenheit ergeben sollte, so bin ich selbstverständlich wieder dabei!
Übrigens: Es gibt auch ein kurzes Video von der Aktion. Schaut doch einfach auf meinem Youtube Kanal vorbei!
Autor: Kerstin Peters
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Bahnradfahren in Mannheim
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Weltkindertag 2017 – Kindern eine Stimme geben
Eigentlich wollte ich genau heute eine soziale Aktion durchführen, genau heute, aber irgendwie hatte ich es dann vergessen und plötzlich fiel mir das letzten Freitag im Unterricht ein und ich dachte: Oh, das ist jetzt aber etwas spät …! Tja, und da blieb mir nichts anderes, als auf eine Aktion zu verzichten – aber auf den Anlass für diese Aktion aufmerksam machen kann ich Dich, damit Du daran denkst und wenigstens sagen kannst, dass es Dir gesagt wurde.
Ich weiß nicht, warum dieser Tag ausgerechnet an meinem Geburtstag stattfindet, aber dafür kann ich es mir gut merken – und irgendwie muss ich ja sagen: Er passt zu mir. Hast Du schon mal etwas vom Weltkindertag gehört? Er findet jedes Jahr am 20. September statt, an meinem Geburtstag. Jedes Jahr rufen das Deutsche Kinderhilfswerk und das Kinderhilfswerk UNICEF dazu auf, auf Kinderrechte aufmerksam zu machen und darüber aufzuklären, unter welchen Bedingungen die Kinder in den verschiedenen Ländern leben. Unter dem Motto „Kindern eine Stimme geben“ geht es dieses Jahr darum, mehr Beteiligungsmöglichkeiten für Kinder zu schaffen. Kinder sind die Zukunft unserer Welt, und deshalb brauchen auch sie Gelegenheiten, ihre Meinung zum Ausdruck zu bringen, in Schulen und Kindergärten/Kindertagesstätten, in Jugendzentren und Vereinen, in Städten und Gemeinden, aber auch auf Landes- und Bundesebene. Da Kinder nicht an der Bundestagswahl teilnehmen dürfen, appellieren UNICEF und das Deutsche Kinderhilfswerk an die Parteien, die Interessen von Kindern und Jugendlichen in ihre Wahlprogramme aufzunehmen und in der Umsetzung ihrer Politik zu berücksichtigen. Die Hauptveranstaltung des diesjährigen Weltkindertages fand bereits am 17. September in Berlin statt, aber auch in anderen Städten und Gemeinden gibt es zahlreiche Aktionen. So wird zum Beispiel in Freiberg in Sachsen für Kinderrechte gerappt. Manche Aktionen finden auch am Wochenende vor oder nach dem Weltkindertag statt.
Falls Du Dich fragst, wie der Weltkindertag überhaupt entstanden ist, dann will ich Dir diese Frage gerne beantworten. Am 21. September 1954 traf sich die neunte Vollversammlung der Vereinten Nationen und empfahl ihren Mitgliedsstaaten, einen Weltkindertag zu veranstalten. Die Ziele waren, sich für Kinderrechte einzusetzen, die Freundschaft unter den Kindern und Jugendlichen zu fördern und die Regierungen zu verpflichten, einmal im Jahr das Kinderhilfswerk UNICEF zu unterstützen. Damit griffen die Vereinten Nationen einen Vorschlag der amerikanischen Organisation „international union for child welfare“, welche bereits 1952 die Einführung eines Weltkindertages forderte, auf. 1954 war der Weltkindertag geboren und schon damals beteiligten sich rund 40 Länder daran. Inzwischen wird er in mehr als 145 Staaten gefeiert. Die Umsetzung sowie das Datum stellte die Generalversammlung den UN-Mitgliedsstaaten frei – und Deutschland entschied sich für den 20. September. Dabei wird der Tag jedes Jahr unter einem anderen Motto gefeiert. Das diesjährige Motto „Kindern eine Stimme geben“ passt prima zur vier Tage später stattfindenden Bundestagswahl. Neueste Umfragen zeigen, dass sich über die Hälfte der Kinder und Jugendlichen politisch einbringen möchten – und nicht zuletzt deshalb, weil die Kinder die Generation der Zukunft sind, ist es wichtig, dass auch sie gehört werden. Nicht ohne Grund zählt zu den Kinderrechten auch das Recht auf Beteiligung, unabhängig von Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe oder Religion.
Wie gesagt, ich bin leider zu spät dran gewesen, sodass ich keine eigene Aktion mehr starten konnte. Aber hört die Meinungen und Einstellungen der Kinder an, akzeptiert sie und habt Verständnis dafür – und gebt die Botschaft weiter: Die Meinung der Kinder ist wichtig. Lasst uns ihnen deshalb gemeinsam eine Stimme geben!
Mehr Infos rund um den Weltkindertag findet ihr hier:
www.weltkindertag.de
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Teilnahme am Odenwald Bike Marathon 2017
Bereits letztes Jahr habe ich am Odenwald Bike Marathon teilgenommen. Damals hatte es unglaublich geregnet und es war eher ein Schlammkampf als ein Fahrradrennen. Dennoch wollten wir dieses Jahr wieder mitmachen – mal schauen, was das Wetter dazu sagte …
Als wir morgens um 09.00 Uhr mit dem Tandem in Leutershausen, wo der Odenwald Bike Marathon starten sollte, ankamen, wartete das Fernsehteam des Rhein-Neckar-Fernsehens bereits auf uns. Es wollte uns während des ganzen Rennens verfolgen und so filmte man uns direkt beim Abholen der Startunterlagen. Leider ist dabei wohl etwas schief gegangen, sodass wir einige Dinge nochmal neu ausfüllen mussten, doch dann hatten wir alles, was wir brauchten, montierten die Startnummer mit vier Kabelbindern am Tandem und machten uns startbereit. Bevor es dann wirklich losging, mussten wir noch eine Szene fürs Fernsehen nachstellen und ein paar grundsätzliche Fragen beantworten. Ansonsten war jedoch nichts mehr zu tun, weswegen wir genug Zeit hatten, alles nochmal auf Vollständigkeit und Funktion zu überprüfen, bis um 10.10 Uhr endlich der Startschuss für die Kurzstreckenfahrer fiel. Es gab eine Kurzstrecke und eine Langstrecke. Die Kurzstrecke umfasste 30 Kilometer und 800 Höhenmeter. Die Langstrecke umfasste 60 Kilometer und 1700 Höhenmeter. Wir fuhren, wie vergangenes Jahr auch, in der Kurzstrecke mit, kamen gut weg und befanden uns von Anfang an mitten im Feld. Zunächst ging es in einer kleinen Runde durch die Weinberge, nochmal an Start und Ziel vorbei und dann ab in den Wald. Dort ging es auf schmalen Waldwegen steil bergauf und auf interessanten Mountaainbike-Trails bergab. Immer wieder überholten wir andere Biker, diese überholten uns wieder, und so war es ein reges übarholen und überholt werden. Während wir letztes Jahr dauerhaft weit abgeschlagen vom Rest waren, fuhren wir diesmal mittendrin. Die Wetterbedingungen waren um Welten besser als vergangenes Jahr. Wie gesagt und im Vorjahresbericht genauer erläutert, war es wirklich mehr Rad aus dem Matsch ausgraben und wetterbedingte Reparaturarbeiten durchführen als Radrenen fahren. Da es dieses Jahr allerdings ein Glück nicht regnete, konnte sowohl der Leiter der Tandem-AG unserer Schule, der vorne auf dem Tandem saß und für zwei Personen sehen musste, als auch ich alles geben – was wir auch taten. Auf unserer Fahrt hatten wir eine Fernsehkamera des Rhein-Neckar-Fernsehens dabei, mit der wir eifrig filmten. An einer Stelle kam das Fernsehteam sogar zur Strecke und filmte uns im Vorbeifahren. Wir machten keine Pausen. Energieriegel wurden in mundgerechte Stücke gebrochen und die Getränke waren so platziert, dass wir w`hrend des Fahrens Energie tanken konnten. So machten wir keinerlei Pausen. Der letzte Anstieg war der schlimmste. Er zog sich sooooooooo ewig in die Länge. Wir schauten auf eine mitlaufende Fahrrad-App und sahen, wie die Höhenmeterzahl laaaaangsaaaaam immer höher stieg. Irgendwann waren wir bei besagten 800 Metern, doch die Steigung wollte einfach nicht enden. Wir kämpften und setzten alle zur Verfügung stehende Energie frei, aber deshalb wurde die Zeit natürlich nicht schneller und der Berg nicht flacher. Bei 829 Höhenmetern wurde es endlich flacher. Auf dem letzten Stück durch den Ort holten wir auch noch die allerletzten Kräfte aus uns heraus – dann waren wir im Ziel. Unsere Zeit war für uns wirklich überraschend. Der Fernsehmoderator hatte uns vor dem Start noch nach unserem Ziel gefragt und wir meinten, dass maximal drei Stunden und 15 Minuten drin seien, und jetzt waren wir angekommen und hatten eine Zeit von zwei Stunden und 17 Minuten (naja, unser Tacho am Tandem sagt zwei Stunden und 13 Minuten, aber in der offiziellen Wertung steht zwei Stunden und 17 Minuten – deshalb wird in den beiden Fernsehsendungen, in denen wir gezeigt wurden, auch einmal von zwei Stunden und 13 Minuten und einmal von zwei Stunden und 17 Minuten gesprochen). Es war ein komisches Gefühl, wie wir vom Rad stiegen. Irgendwie war alles so schnell vorbeigegangen, auch wenn der letzte Anstieg sich in die Länge zog. Sofort waren das Rhein-Neckar-Fernsehen und noch ein weiterer Sender vor Ort, um uns zu interviewen. Auch waren wir überrascht, wie viel Zuspruch wir sowohl während als auch nach dem Rennen bekamen. Später, als dann alle Kurzstreckenfahrer im Ziel waren, erfuhren wir, dass wir (wir wurdenin der Herrenwertung mitgewertet) tatsächlich ziemlich im Mittelfeld mitgefahren sind. So waren noch zwölf Fahrer hinter uns. Es war ein toller Tag und wir waren sehr zufrieden – und wir haben versprochen: Nächstes Jahr machen wir wieder mit!
Leider wurden beide Fernsehbeiträge bereits gesendet. Da sie parallel kamen, konnte ich selbst auch nur einen Bericht live im Fernsehen hören. Gerne hätte ich schon bescheid gesagt, bevor das Rennen gezeigt wird, aber da war der Artikel leider noch nicht fertig und auf die Idee, es wenigstens per Twitter zu posten, kam ich leider auch nicht. Doch Gott sei Dank gibt es Youtube und Mediatheken und so können beide Fernsehberichte leicht gefunden werden 🙂
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Das war mein Konzert auf der Hagsfelder Kerwe 2017
Mit etwas Verspätung möchte ich euch heute erzählen, wie das erste Konzert meines Lebens war.
Zur Erinnerung: Das Konzert fand am vergangenen Sonntag (10.09.2017) um 17.00 Uhr auf der Kerwe in meinem Heimatort Hagsfeld statt. Naja, ganz 17.00 Uhr war es nicht, eher 17.30 Uhr. Der Aufbau der Technik, des E-Pianos, des Mikrofons usw. nahm doch mehr Zeit in Anspruch als gedacht. Auch die Suche eines Klavierhockers war nicht gerade einfach. Ein Glück warteten die Leute, die teilweise extra wegen mir auf die Kerwe gekommen waren, ganz geduldig, bis es losging,
während ich mit ein paar wenigen anderen auf der Bühne hantierte.
Endlich war es soweit, alles war angeschlossen und funktionierte und es ging los. Für alle Musiker: Auch wenn es mega schwer klingt und schon gar nicht leicht umzusetzen ist, versuche, möglichst ruhig zu sein. Aufregung sorgt meistens nur für Fehler, außerdem spielt man seine Lieder deutlich schneller, und ein aufmerksames Publikum spürt genau an Deinem Auftreten und daran, wie Du Deine Musik rüberbringst, dass Du nervös bist. Das erste Lied ging schon mal. Aber irgendwie wollte mein Programm einfach nicht so klappen, wie es bei der Generalprobe geklappt hatte. Meine Stimme wollte auf einmal nicht mehr tief singen. Leider befinden sich in meinen Liedern relativ viele tiefe Töne, verständlich also, dass es gesangstechnisch problematisch wurde. Auch vergaß ich einmal den Text. Aber ganz ehrlich: Da regt man sich vielleicht im ersten Moment drüber auf, aber später nicht mehr. Das sind typische Fehler, die sicher jedem Musiker schon mal passiert sind. Wichtig ist: Einfach weitermachen. Und so hatte auch ich meine Taktik, um diesen Auftritt zu meistern – nämlich meine Improvisationsfähigkeit. So baute ich einfach als spontanen Liedtext „jetzt habe ich den Text vergessen, ich fange nochmal an“ in mein Lied ein. Das brachte das Publikum zu einem Lächeln. Außerdem komponierte ich ganz spontan Melodien, die nicht so tief gesungen wurden – natürlich nur für diesen Auftritt, aber trotzdem. Und nicht zuletzt gab ich beim letzten Lied mit einer spontanen Improvisation, die sowohl spontan kreierte Melodien am Klavier als parallel dazu entstehenden Gesang beinhaltete, nochmal richtig Gas. Am Schluss gab es noch eine Überraschung: Ganz unerwartet kündigte der Pfarrer der Evangelischen Gemeinde eine Spendenaktion zugunsten der Bahnhofsmission an. Da war ich wirklich positiv überrascht und gleichzeitig sehr verwundert! Dennoch sagte ich, während Spenden eingesammelt wurden, etwas zur Bahnhofsmission und erklärte, warum es wichtig ist, die Menschen dort zu unterstützen.
Das war mein erstes Konzert – anstrengend, aufregend und so ziemlich mit allen typischen Musikerfehlern. Ein buntes Programm und ein kleines und sehr vertrautes Publikum machten das Ganze komplett.
Eigentlich wollte ich Audios oder Videos auf der Seite veröffentlichen. Allerdings ist nichts wirklich brauchbares entstanden, weswegen ich Live-Aufnahmen auf ein anderes Mal vertage.
Blicken wir abschließend noch kurz in die Zukunft. Am Mittwoch hatte ich einen spontanen Auftritt auf der Einschulungsfeier unserer Schule, aber öffentliche Veranstaltungen stehen zunächst nicht an. Jetzt hat ja auch der Schulalltag wieder eingesetzt und da ich in diesem Schuljahr meinen Realschulabschluss machen werde, werde ich sehr viel Zeit in die Prüfungsvorbereitungen investieren. Dennoch werde ich Musik und soziale Projekte natürlich nicht komplett aus dem Fenster werfen und mich hin und wieder auch auf der Seite melden. Du weißt ja: Hier verpasst Du nichts!
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Besuch bei der Bahnhofsmission
Endlich war es soweit: Ich besuchte die Bahnhofsmission vor Ort. Ich wollte erfahren, wo die im Juli gesammelten Spenden konkret eingesetzt wurden und wie die Tätigkeit am Bahnhof praktisch aussieht. Deshalb hatte ich angefragt, ob ich mir das Ganze einmal vor Ort anschauen könnte. Die Antwort war äußerst positiv, und so traf ich mich am Mittwoch, dem 6. September 2017, mit dem Vorsitzenden des Fördervereins der Bahnhofsmission an der Straßenbahnhaltestelle und ging mit ihm in die Räumlichkeiten der Bahnhofsmission, die sich in Karlsruhe hinter einer Tür am vordersten Bahnsteig (Gleis 101) befinden. Dort gab es viel spannendes zu entdecken: Da gab es zum einen den Aufenthaltsraum für Menschen, die einsam oder obdachlos sind oder einfach eine Pause brauchen. In der Küche wurde gerade Apfelkompott zubereitet. Als ich fragte, ob es einen Grund hätte, dass ausgerechnet Apfelkompott gekocht wird, wurde die Frage bejaht: „Das ist zum einen sehr gesund und zum anderen können das auch Menschen, die keine Zähne mehr haben, problemlos essen.“ Im Büro konnte ich mit der Chefin der Bahnhofsmission sprechen, der einzigen hauptamtlichen Mitarbeiterin. Ihre Aufgabe ist fast ausschließlich Papierarbeit. Die Bahnhofsmission steht in Kontakt mit der Deutschen Bahn, mit anderen Bahnhofsmissionen, mit der katholischen Kirche, mit der Stadt Karlsruhe, mit sämtlichen Behörden und einigem mehr. Ich war überrascht, wie viel Verwaltung da zu erledigen war. Klar muss man mal mit der Deutschen Bahn oder anderen Bahnhofsmissionen schreiben, und letztens wurden die Räumlichkeiten modernisiert, das lief sicher auch nicht ganz schriftfrei, aber das Ausmaß, was diesbezüglich zu tun war, war schon enorm. Als nächstes lernte ich eine Mitarbeiterin vom diakonischen Werk kennen, die jeden Mittwoch in der Bahnhofsmission arbeitet. Seit 2014 kommen nämlich verstärkt Menschen aus Osteuropa, insbesondere aus Rumänien, nach Deutschland. Da Rumänien ein EU-Land ist, können die Menschen frei nach Deutschland einreisen und hier arbeiten und da die Arbeitslosigkeit in Rumänien sehr hoch ist, erhoffen sie sich in Deutschland bessere Chancen, auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können. Der Karlsruher Busbahnhof ist ein wichtiger Anlaufpunkt dieser Reise, weswegen viele hier ankommen – und da ist es natürlich geschickt, die diesbezügliche Arbeit zeitweise auf die Räumlichkeiten der Bahnhofsmission zu verlegen. Ansonsten sind in der Regel immer zwei Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen am Bahnhof. Damit jeder der inzwischen 33 Ehrenamtlichen weiß, wann er oder sie Dienst hat, wird für jeden Monat ein Dienstplan festgelegt. Jeder Tag wird in zwei jeweils 5,25-stündige Schichten plus eine halbe Stunde Übergangsphase zwischen den beiden Schichten, in der die diensthabenden Personen wechseln, eingeteilt. Wichtigste Regel bei der Arbeit: Eine Person ist an den Bahnsteigen und in der Bahnhofshalle unterwegs und die andere Person ist in den Räumlichkeiten. Nach einer Weile wird gewechselt. So konnte die eine Mitarbeiterin weiter dem Apfelkompott nachgehen, während ich mit der anderen ins Bahnhofstreiben ging. Wichtigste Regel dort: Langsam laufen und nach rechts und links schauen. „Wenn man schon länger bei der Bahnhofsmission tätig ist, kann man den Leuten von der Stirn ablesen, ob sie Hilfe brauchen oder nicht“, erklärte die Mitarbeiterin. Die Aufgaben am Bahnhof sind sehr verschieden: Manchmal kommen Leute im Rollstuhl, die Schwierigkeiten haben, die Treppen zu den Gleisen hinauf- und hinunterzukommen. Dann muss mitunter bei der Fahrt mit dem Aufzug geholfen werden. Auch kann die Bahnhofsmission in Absprache mit der Deutschen Bahn eine Rampe nutzen, über die Reisende im Rollstuhl in den Zug ein- oder aus dem Zug aussteigen können. Manchmal kommen auch Flüchtlinge oder Menschen, die sich hier nicht auskennen, kein deutsch sprechen oder aufgrund verschiedenster Gründe die Fahrpläne nicht lesen können und deshalb Hilfe benötigen. Häufig kommen blinde Menschen, vor allem Pendler, die in Karlsruhe umsteigen müssen. Und heute musste ein Kind am Gleis abgeholt werden. Auch um die Kinder am Bahnhof wird sich hier gekümmert – wobei es für diese nochmal spezielle Angebote gibt. So bieten die Bahnhofsmission und die Deutsche Bahn gemeinsam begleitete Reisen an. Diese sind vor allem für Kinder sinnvoll, deren Eltern getrennt leben und die deshalb von einem Ort zum anderen pendeln müssen. Manchmal müssen die sieben Begleiterinnen und Begleiter dafür ihren ganzen Tag opfern, denn wenn sie beispielsweise nach Konstanz fahren müssen, braucht das durchaus seine Zeit, vor allem, weil sie ja auch wieder zurück müssen. Ein Glück ist die Fahrt für sie kostenlos – so lange es sich um Regionalzüge handelt. „Eigentlich ist es so, dass begleitete Reisen in dieser Form nur in den Regionalzügen möglich sind“, lernte ich, „bei Fahrten mit dem IC oder ICE gibt es das Angebot „kids on tour“ der Deutschen Bahn. Da bekommen die Kinder dann ein gemeinsames, eigenes Abteil.“ Wie wir so am Bahnsteig standen und auf den Zug warteten, mit dem das Kind ankommen sollte, teilte uns die Ansage mit, dass dieser Verspätung hatte. „Manchmal sind die Termine so knapp getaktet, dass man es dann gar nicht schaffen kann“, erfahre ich. Deshalb hat jede und jeder, der am Bahnhof mitarbeitet, ein Diensthandy, denn es ist wichtig, sich gegenseitig erreichen zu können und sich gegebenenfalls abzusprechen, damit man alles schafft. Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer nehmen auch Telefonate an, zum Beispiel, wenn Umstiegshilfen beantragt werden. Auch bei solch einem Telefonat konnte ich zuhören. Wichtig für alle, die eine Umstiegshilfe beantragen wollen: „Am besten ist es immer, wenn die entsprechende Person Erkennungsmerkmale durchgibt und sagt, wo sie sich im Zug befindet, damit man sich auch findet.“ Manchmal treffen solche Fälle ganz spontan ein, sodass es wichtig ist, sich untereinander erreichen zu können. „Man weiß nie, was an einem Tag passiert“, lernte ich. Zwar gibt es wohl Zeiten, in denen am Bahnhof besonders viel los ist, wie zum Beispiel freitagnachmittags, aber ob dann auch für die Bahnhofsmission mehr los ist, kann man nicht immer vorhersehen. Dennoch sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dann häufig zu dritt unterwegs – denn sie erhalten tatkräftige Unterstützung von einer jungen Dame im freiwilligen sozialen Jahr. So begleitete uns die FSJlerin ebenfalls ins Bahnhofstreiben. Da sie erst seit einer Woche mitarbeitete, durfte sie noch nicht alleine Dienst machen. „Bevor der Vorschlag kam, dass ich mein FSJ doch bei der Bahnhofsmission machen könnte, wusste ich gar nicht genau, was das ist“, erzählte sie, „ich habe zwar manchmal die Schilder am Bahnhof gesehen, aber mehr auch nicht.“ Nachdem das Kind abgeholt und bei einer bereits wartenden Bekannten abgeliefert worden war, ging es zurück in die Räumlichkeiten. Auch auf diesem Weg galt: Aufpassen, schön langsam laufen und nach rechts und links schauen. Damit die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Hilfesuchenden erkannt und angesprochen werden können, tragen sie eine blau-graue Weste, auf der groß das Wort „Bahnhofsmission“ geschrieben steht. „Entweder, die Menschen sprechen uns direkt an oder wir fragen, ob sie Hilfe brauchen“, erklärte die Mitarbeiterin, „manchmal sagen sie nein, dann lassen wir sie auch in Ruhe, aber die meisten sind sehr dankbar dafür.“ Es war so spannend und aufregend, dass ich gar nicht bemerkte, wie die Zeit davonrannte. Nach unserer kleinen Tour durch den Bahnhof bedankte und verabschiedete ich mich auch schon wieder. Es war spannend, die Arbeit der Bahnhofsmission einmal live miterleben zu können. Ein Job für blinde Menschen ist das nicht, denn oft erkennt man hilfebedürftige Menschen am Aussehen. Dennoch ist es ein tolles Gefühl, zu wissen, wo seine gesammelten Spenden landen.
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Meine Musikgeschichte
Ich hatte schon immer einen Bezug zur Musik. Als ich fünf Jahre alt war, begann ich mit dem Klavierunterricht. Gesungen habe ich schon immer gern, sei es im Kindergarten oder im Musikunterricht, im Jugendchor oder unter der Dusche. Dabei erlebte und erlebe ich das Musizieren als ausgleichend und sehr intensiv. Es entspannt mich, wenn ich aufgewühlt oder gestresst bin. Es gibt mir einen Raum, in dem ich meine Gedanken und Gefühle offen ausdrücken kann, wenn es mir schlecht geht, auch wenn ich sie nicht in Worte fassen kann/möchte. Die Musik begeistert, fasziniert und überrascht mich immer wieder neu. Das Musizieren ist für mich nichts, was perfekt beherrscht werden muss, auch wenn man es beliebig optimieren und perfektionieren kann. Für mich ist Musik vor allem heilsam, freudeschenkend und ganz individuell.
Im Februar 2017 machte ich ein Praktikum im Bereich Musiktherapie, was mich die Musik nochmal aus einem ganz anderen Blickwinkel erleben ließ. Wie die Musiktherapeutin die Musik als Kommunikationsmittel einsetzte, um darüber mit ihren Patientinnen und Patienten in Kontakt zu treten und einen Raum absoluter Offenheit und Freude schaffte, in dem jede Person sich musikalisch wie persönlich frei entfalten konnte, waren für mich beeindruckend und inspirierend. Besonders berührte mich, dass die Menschen, mit denen wir arbeiteten, mit mir musikalisch genauso interagierten wie mit der Musiktherapeutin, obwohl ich weder Fachwissen noch diesbezügliche Erfahrung hatte. Dieses Praktikum zeigte mir: Egal, wie gut oder schlecht man ein Instrument spielt oder singt, um mit der Musik anderen Freude zu schenken, muss man weder Musiktherapie studiert noch jahrelang Gesangsunterricht gehabt haben.
Das Praktikum zeigte mir aber noch etwas anderes: Klavier zu spielen ist schön und gut, aber ein Klavier ist nicht so leicht zu transportieren (auch wenn mein E-Piano mit seinen elf Kilo verhältnismäßig leicht ist) und man sitzt immer ein bisschen abseits von der Gruppe, was ich gerade in den musiktherapeutischen Singkreisen als unbefriedigend erlebt habe. Mir wurde klar: Um wirklich nah bei den Menschen zu sein, braucht es ein einfaches, portables Musikinstrument – die Lösung war die Ukulele, wobei ich mich beim Erlernen auf die Liedbegleitung konzentriert und mir das meiste selbst beigebracht habe.
Wann ich mit dem Songwriting angefangen habe, weiß ich gar nicht mehr genau. Das erste selbstkomponierte Lied, an das ich mich erinnern kann, geht um meine Kugelbahn und dürfte im Alter von drei oder vier Jahren entstanden sein. Die erste Aufnahme eines selbstkomponierten Liedes stammt von 2008, als ich sechs Jahre alt war. Es folgten weitere Lieder und auch Instrumentalstücke. Vor einiger Zeit habe ich mir die Mühe gemacht und mal meine alten Kassetten durchgesehen – faszinierend und süß zugleich, was da alles zu finden war!
Lange Zeit war ich unsicher, mit selbstgeschriebenen Werken auf die Bühne zu gehen. Zwar hatte ich als siebenjährige einmal einen Spontanauftritt mit einem selbstkomponierten Lied, aber keiner wusste, dass es ein selbst komponiertes Lied war (ich glaube, dass damals zum einen die wenigsten zugehört haben und zum anderen mich niemand ernstnahm, als ich sagte, es handle sich um ein erfundenes Lied). Erst 2014 wagte ich mich mit einem als Eigenkomposition bekannten Lied so richtig nach draußen: „Dieser Tag, jeder Tag“. Es kostete mich einige Überwindung, bis ich es meinem Musiklehrer zeigte, aber dann wurde es mit der Schulband einstudiert und bei nahezu jedem Auftritt stolz präsentiert, was mir exremen Rückenwind gab und sicherlich ein Mitgrund dafür war, dass ich 2016 und 2017 den Großteil meines heutigen Repertoires schrieb. Seit 2016 versuche ich mich auch an englischen Liedtexten, und bereits zwei Wochen, nachdem ich mit dem Ukulelespielen begonnen hatte, kam die Ukulele bei einem meiner Liedideen als Begleitinstrument zum Einsatz.
Kennzeichnend für meine Lieder ist gewiss die Ehrlichkeit und Spontanität, mit der ich sie schreibe. Ich arbeite sehr intuitiv und ohne hohe Ansprüche. Die Melodien fallen mir häufig in Momenten ein, in denen man am wenigsten damit rechnet. Manche Lieder sind beim freien Improvisieren entstanden, die habe ich dann teilweise einfach so in mein Repertoire übernommen. Die Texte entstehen häufig aus der Situation heraus, deshalb sind sie häufig sehr persönlich und haben jeweils eine ganz eigene Geschichte. Manche Lieder sind in schwierigen Situationen entstanden und spiegeln meine damit verbundenen Gedanken und Gefühle wieder, andere beinhalten dagegen eine bestimmte Botschaft und dann gibt es noch die Lieder, die einfach nur positive Energie und Freude verbreiten sollen.
Musik ist etwas Wunderbares und ich freue mich, wenn ich sie an andere weitergeben kann. Deshalb lasse ich Dich über diese Website an meinen diesbezüglichen Aktivitäten teilhaben und stelle eine kleine Auswahl meiner Lieder zum kostenlosen Download bereit. Da ich auf Einfachheit und Natürlichkeit stehe, wurden die Lieder (bis auf einzelne Tonstudio-Aufnahmen) lediglich mit dem Mikrofon meines Diktiergeräts aufgenommen und in keinster Weise bearbeitet oder verändert. Du hörst mich also so, als würde ich live spielen, vollkommen natürlich und handgemacht.
Ich wünsche Dir viel Freude mit meinen Liedern!Hinweis: Alle Werke werden mit einer Creative Commons Lizenz (Namensnennung – Nicht-kommerziell – Keine Bearbeitung CC BY-NC-ND) lizenziert. Damit schütze ich meine Lieder und stelle klar, in wie weit sie von anderen verbreitet und verwendet werden dürfen. Nimm Dir also bitte kurz Zeit, klicke auf den Link und lies, was das für dich bedeutet. Vielen Dank!
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Wie ich Musik mache
Immer wieder komme ich mit sehenden Musikern ins Gespräch. Dabei kommt eigentlich immer irgendwann die Frage auf: Wie machst Du eigentlich Musik? Gibt es eine Notenschrift für Blinde? Die Antwort gibt es in diesem Beitrag.
Von der Blindennotenschrift
Es gibt eine Blindennotenschrift, die – wie die Blindenschrift selbst auch von Louis Braille entwickelt wurde. Es werden regelmäßig Kurse angeboten, in denen blinde Menschen Blindennotenschrift lernen können. Ich selbst habe die Blindennotenschrift im Musikunterricht an der Blindenschule gelernt. Außerdem gibt es Lehrbücher in Blinden- und Schwarzschrift, in denen man langsam und mit vielen praxisnahen Übungen an die Zeichen (eine Kombination aus Buchstaben, Zahlen, Sonderzeichen und speziellen Musiksymbolen) herangeführt wird. Ich habe auch so ein Lehrbuch, mit dem ich – gerade, als wir das Thema im Musikunterricht behandelten – mit meinem sehenden Klavierlehrer sehr viel gearbeitet habe, was wunderbar funktioniert hat. Es gibt inzwischen in den Blindenbüchereien ein umfangreiches Sortiment an Musikalien in Blindennotenschrift, das man sich ausleihen oder kaufen kann. Das Deutsche Zentrum für barrierefreies Lesen in Leipzig nimmt bei Bedarf auch individuelle Übertragungen von Schwarzschriftnoten in Braillenoten vor.
Im Grunde genommen finde ich die Idee, eine spezielle Notenschrift für Blinde zu entwickeln, nicht allzu schlecht. Ich persönlich finde das Arbeiten damit allerdings ziemlich umständlich. Während ein Sehender die Noten vor sich liegen hat und diese parallel zum Spielen des Instruments lesen kann, muss ein Blinder zunächst die Noten lesen, analysieren, was das praktisch bedeutet, die Noten auswendig lernen – und erst dann kann er sie nachspielen. Ganz ehrlich: Bei klassischen, langen oder sehr komplizierten Stücken mag das vielleicht eine gute Methode sein, aber zumindest ich habe die allermeisten Lieder schneller nach Gehör gelernt.
Die Vorteile eines absoluten Gehörs
Sicherlich nicht ohne Grund haben sehr viele blinde Musikerinnen und Musiker (mich eingeschlossen) ein absolutes Gehör, können also jeden Ton exakt erkennen, die Tonhöhe genau bestimmen und die einzelnen Töne selbst dann noch heraushören, wenn mehrere Töne gleichzeitig gespielt werden. So fällt es Absoluthörern in der Regel sehr leicht, Lieder nachzuspielen. Ich kann zum Beispiel viele Lieder spielen, die ich nie gelernt, sondern einfach immer wieder gehört und mir unterbewusst eingeprägt habe. Ein ebenfalls blinder Klassenkamerad und ich haben unsere Musiklehrerin auch schon halb in den Wahnsinn getrieben, indem wir (natürlich mit möglichst originalgetreu klingendem Sound) am Keyboard die Schulglocke und diverse Handyklingeltöne nachgespielt haben.
Ich versuche, so viel wie irgendwie möglich nach Gehör zu machen. Eine sehr wichtige Unterstützung ist hier mein Diktiergerät. Wenn ich ein neues Lied beim Klavierlehrer lerne, spielt er mir das Lied auf das Diktiergerät auf, sodass ich es daheim jederzeit nachhören kann. Manche Lieder lerne ich auch komplett alleine, indem ich sie mir Takt für Takt langsam erarbeite – das mache ich aber nur bei leichteren Stücken, denn die Akkorde eines Liedes herauszuhören ist etwas ganz anderes als das Identifizieren der einzelnen Töne. Auch wenn mir eine Melodie für ein mögliches neues Lied in den Sinn kommt, nehme ich sie – nach Möglichkeit sofort – mit meinem Diktiergerät auf. Wenn das nicht geht – bei der Arbeit beispielsweise -, schreibe ich mir die Melodie ganz schlicht in Blindennotenschrift auf und spiele sie dann daheim ein. Die Melodien speichere ich dann in einem bestimmten Ordner ab, sodass ich sie immer wieder nachhören oder erweitern kann.
Und auch bei Jam Sessions hat ein absolutes Gehör nur Vorteile. Zum einen kann ich sehr schnell auf das, was andere spielen, reagieren, ohne dass man mir groß sagen muss, was ich wann machen soll. Bei einer Jam Session war es einmal so, dass einer anderen Person, die ein bestimmtes Lied singen wollte, die Originaltonart zu hoch war. Da ließ ich sie einfach mal anfangen, konnte aus ihrem ersten Ton auf die Tonart schließen und – ohne bewusst darüber nachzudenken – das Lied spontan entsprechend transponieren und begleiten. Wenn ich mich gut konzentriere, kann ich meine Ukulele auch ohne mein Keyboard oder E-Piano stimmen, weil ich die genaue Tonhöhe im Ohr habe, und so wurde ich auch schon damit beauftragt, vier Ukulelen aufeinander einzustimmen. Das absolute Gehör sorgt für hohe Flexibilität, Spontanität und Anpassungsfähigkeit.
Probleme beim Musizieren
Durch das Spielen nach Gehör bin ich gegenüber vielen Sehenden previligiert. Allerdings gibt es auch hier noch Barrieren. Wenn ich beispielsweise mit meinem Klavierlehrer ein bestimmtes Lied lernen will, suche ich mir auf YouTube eine für mich ansprechende Version raus, die gut klingt und die meiner Einschätzung nach für mich auch spielbar ist. Häufig gestaltet es sich aber als sehr schwierig, die Noten von exakt dieser Version zu finden, damit mein Klavierlehrer überprüfen kann, ob ich auch alles richtig herausgehört habe. Ein weiteres Problem ist, dass ich aktuell keine unkomplizierte und wirklich zufriedenstellende Möglichkeit kenne, um Schwarzschriftnoten in akustische Töne umzuwandeln. Mir als nicht gerade begeisterte Notenleserin bringt eine Übertragung der Schwarzschriftnoten in Braillenoten nicht unbedingt einen Mehrwert. Es gab mal eine App, die nach einem ähnlichen Prinzip funktionierte wie meine Texterkennungs-Apps, nur dass sie eben keinen Text, sondern eine Tonspur als Scanergebnis ausgab, diese wird aber nicht mehr unterstützt und sobald die Stücke ein bisschen komplizierter wurden, passte das erkannte Ergebnis nicht mehr. Und: Die Übertragung von Schwarzschriftnoten in Braillenoten ist ja möglich, aber umgekehrt kann man es nur über ei einziges Programm machen, das ziemlich teuer ist und bei dem sich – wenn man es nicht ständig brauch – der Kauf einfach nicht lohnt. Dadurch suche ich auch hier noch nach einer Lösung, mit der ich Braillenoten – beispielsweise die Akkorde von meinen eigenen Liedern – in Schwarzschriftnoten übertragen kann.
Zusammengefasst:
Es gibt eine Blindennotenschrift, die ich theoretisch auch kann. Da ich sie jedoch kaum anwende, habe ich inzwischen wahrscheinlich schon wieder die Hälfte verlernt. Ich setze mein Gehör ein, wo es nur geht, und trainiere es aktiv durch verschiedene Übungen zur Gehörbildung. Ja, selbst in der Musik gibt es manchmal noch Barrieren, gerade bei der Übertragung von Braillenoten in Schwarzschriftnoten oder von Schwarzschriftnoten in Audio-Files, trotzdem ist die Musik etwas, bei dem Blinde gegenüber Sehenden keinerlei Nachteile haben und bei dem beide Seiten wunderbar und absolut gleichberechtigt zusammenarbeiten und voneinander profitieren können.
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Erfolgreicher Einstieg: Spendenaktion zugunsten der Bahnhofsmission
Die Idee, sozial aktiv zu werden, hatte ich schon sehr früh. Bereits im Alter von zehn Jahren wollte ich beim Juniorbotschafter-Wettbewerb des Kinderhilfswerks UNICEF teilnehmen. Leider blieb das Engagement für andere Menschen lange nur eine Idee – bis Oktober 2016.
Da fing ich endlich an, ernsthaft über eine Aktion dieser Art nachzudenken. Ich informierte mich über die verschiedenen Hilfsorganisationen und hatte auch keine Scheu, die jeweiligen Verantwortlichen per Mail anzuschreiben. Ich informierte mich auch darüber, wie die Menschen in anderen Ländern leben. Allerdings fehlte mir dann wieder die Zeit – und so wurde das Ganze erneut auf Eis gelegt.
Eigentlich war es Zufall, dass ich in dieses Projekt zurückfand. Ursprünglich wollte ich für Arbeiterkinder in Indien spenden, aber da erzählte mir eine blinde Freundin von ihrer ersten Zugfahrt allein und die hervorragende Unterstützung der Bahnhofsmission dabei – und das warf alles über den Haufen. Ich informierte mich darüber, was die örtliche Bahnhofsmission, in meinem Fall die Bahnhofsmission Karlsruhe, für Aufgaben hat, und wusste: Dafür möchte ich mich einsetzen! Um meine Idee nicht gleich wieder zu vergessen, schrieb ich direkt eine Mail an den Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde. Dieser war von meiner Idee begeistert – und so planten wir gemeinsam einen Gottesdienst, in dem für die Bahnhofsmission Spenden gesammelt werden sollten.
Am 10. Juli 2017 war dann der große Tag gekommen. Ich durfte den Gottesdienst mit einem selbst komponierten, instrumentalen Stück einleiten. Im Laufe des Gottesdienstes präsentierte ich zudem der Gemeinde mein Mottolied „Traum nach Freiheit“, welches auf Probleme dieser Welt aufmerksam machen und andere dazu motivieren soll, sich ebenfalls für eine bessere Welt einzusetzen. Auch führte der Pfarrer mit mir ein Interview, in dem ich die Ziele dieser Spendenaktion erläuterte, die Tätigkeit der Bahnhofsmission zusammenfasste und lobte und die anwesenden Gemeindemitglieder dazu aufforderte, sich für dieses regionale Projekt einzusetzen. Keiner konnte den Erfolg dieses Gottesdienstes erahnen, doch die Reaktion der Menschen war durchaus überraschend: Die Spendeneinnahmen betrugen 648 Euro, zudem bekam ich ein Dankschreiben des Vorsitzenden des Fördervereins der Bahnhofsmission – und spätestens da wusste ich: Ich werde weitermachen – und die Kombination aus Musik und sozialem Engagement ist einfach hervorragend!
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Teilnahme am Odenwald Bike Marathon 2016
Am Sonntag, den 18.09.2016, nahmen der Leiter der Tandem-AG unserer Schule und ich mit einem Tandem am Odenwald Bike Marathon in Hirschberg-Leutershausen teil.
Um 09.30 Uhr trafen wir uns am Veranstaltungsort, schauten, ob wir alles dabei hatten (Trinken, Fahrradwerkzeug usw.) und stellten das Tandem ein. Schon hier regnete es ohne Unterlass und uns war bewusst, dass es nicht einfach werden würde. Trotzdem waren wir voll motiviert, als es um 10.05 Uhr auf den 30 Kilometer langen Rundkurs ging. Da wir ausschließlich mit sehenden Fahrern gemeinsam starteten, wurden wir separat gewertet. Zunächst fuhren wir eine kleine Runde durch die Weinberge, um uns noch einmal dem Publikum zu zeigen, bevor wir endgültig im Wald verschwanden. Dort ging es richtig zur Sache: Es war so matschig, dass unsere Kette klemmte und wir mindestens viermal anhalten mussten. Schlussendlich lösten wir das Problem, indem wir das Fahrrad an einem Bach reinigten, der glücklicherweise genau an unserer Route lag. Nach einem „normalen“ Waldweg ging es steil bergauf. Hier mussten wir das Rad teilweise schieben, da der Boden so durchgeweicht war, dass man nicht mehr darauf fahren konnte, wobei man dazu sagen muss, dass unsere Reifen nicht unbedingt für diese Bodenverhältnisse geeignet waren. So mussten wir auch bei den teils steilen Abfahrten gut aufpassen. Einmal ist uns das Tandem sogar fast umgekippt, Gott sei Dank konnten wir schnell abspringen.
So ging es bergauf, bergab. Mal regnete es, mal nicht, aber das machte fast keinen Unterschied, denn Wasser und Schlamm spritzten hoch und nasser konnten wir jetzt eh nicht mehr werden. Am Ende kam nochmal ein Streckenabschnitt durch den Ort, der relativ problemlos zu fahren war, dann erreichten wir das Ziel. Die Zeit: Drei Stunden und 29 Minuten, 785 Höhenmeter und 37 km/h Höchstgeschwindigkeit. Es war anstrengend, aber wir waren glücklich – und vor allem erstmal verdreckt. Also ging es für uns und unser Rad erstmal in die „Waschanlage“. Dort waren Schläuche, so ähnlich wie Gartenschläuche, mit denen man seine Kleidung und sein Fahrzeug abspritzen und somit von Schlamm und sonstigem Dreck befreien konnte. Es brauchte seine Zeit, aber schließlich war alles wieder sauber. Hiermit waren wir bereit für den Heimweg.
Es war eine aufregende Strecke, wobei das sicher auch an den Wetterumständen lag, die herausforderte und gleichzeitig für ein schönes und sicher auch etwas außergewöhnliches Erlebnis sorgte. Außerdem war es interessant, mal ein Radrennen live mitzuerleben.
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Triathlon mit Blindheit
Seit April 2013 trainieren sportbegeisterte blinde und sehbehinderte Schülerinnen und Schüler mit dem Heart Racer Team, einem Triathlonverein für sehende Sportlerinnen und Sportler, gemeinsam den Triathlonsport. Zwar bin ich inzwischen diesbezüglich nicht mehr aktiv, dennoch möchte ich von meinem letzten Wettkampf erzählen.
Sonntagmittag, Tiergartenschwimmbad Heidelberg: Alles sieht nach einem ganz normalen Triathlon aus – doch das stimmt nicht ganz, denn unter den Teilnehmern sind auch Sportlerinnen und Sportler mit Seheinschränkung.
Zunächst mal heißt es: Wettkampfanzug anziehen, Wechselzone einrichten, mit dem Guide letzte Kleinigkeiten abklären, aufwärmen – alles muss durchgeplant und geordnet sein, schließlich muss es später schnell und möglichst ohne Fehler ablaufen. Da muss man natürlich vorher den Sattel des Tandems auf die richtige Höhe einstellen, die Startnummer abholen usw. – es wurde nicht umsonst gesagt, man solle eineinhalb Stunden vor dem Wettkampf da sein. Gerade für mich als blinde ist Ordnung wichtig. Schließlich muss ich nachher alles schnell und sicher finden: Handtuch, Turnschuhe, Fahrradhelm, Startnummer, Tandem …
Endlich! Alles ist eingerichtet und ich gehe mit meinem Guide zur Abschlussbesprechung. Ich starte in der Startklasse Schüler A, zusammen mit rund 45 weiteren Teilnehmern. Hier werden nochmal alle Regeln erklärt, wie zum Beispiel, das man erst bei der Linie auf dem Boden aufs Rad steigen darf und dort auch wieder absteigen muss. Danach gehen die Jungs an den Start, zehn Minuten später sind die Mädels dran. Dennoch gehe ich schon ins Wasser des Tiergartenschwimmbads – ganz schön kalt! Aber mein Triathlonanzug hält die Kälte gut ab. Ich spüre sie nur dann, wenn ich meinen Kopf ins Wasser lege. Mein Triathlonanzug ist eben gleichzeitig auch ein Neoprenanzug. Wenn ich gleich schwimme, wird mein Guide am Beckenrand entlang laufen und mir die Richtung ansagen, damit ich nicht schräg schwimme. Die Guides sind Erwachsene, die gerne Sport machen und ehrenamtlich die blinden und sehbehinderten Kinder und Jugendliche auf ihren Wettkämpfen und im Training begleiten. Jeder hat seinen eigenen Guide, sodass beim Ansagen keine Verwechslungen passieren können. Außerdem gehört zu einem Triathlon auch Vertrauen dazu, schließlich wäre ein Triathlon ohne sehende Unterstützung nicht möglich. Noch ein paar Sekunden, dann ertönt das Startsignal für die Mädels. Ich schwimme los, genau wie alle anderen Teilnehmerinnen. Wir sind zwar auf acht verschiedene Bahnen verteilt, dennoch muss man aufpassen, dass man niemanden über den Haufen schwimmt. Zum Glück schwimme ich auf der Außenbahn, wo mein Guide gut am Beckenrand entlanglaufen und mir Anweisungen geben kann.
Nach zweimal 50 Metern springe ich aus dem Wasser und renne mit meinem Guide in die Wechselzone. Dort heißt es Schuhe (und evtl. Strümpfe) anziehen, Helm aufsetzen, Startnummer umhängen, sich am Tandem festhalten und mit diesem bis zur Aufsteig- bzw. Absteiglinie rennen. Auf Rädern habe ich eine Distanz von sechs Kilometern zu absolvieren. Der Wind weht mir ins Gesicht, im Laufe des Rennens überholen wir einige Konkurentinnen und als ich radtechnisch fertig bin, ist mein Triathlonanzug schon fast wieder getrocknet.
Nach dem Absteigen an der Linie, dem Abstellen des Rades und dem Abziehen des Helms geht es zur letzten Etappe auf die 1,4 Kilometer lange Laufstrecke. Dabei nehmen mein Guide und ich ein Laufseil zur Hilfe, an dessen einem Ende mein Guide anfasst und an dessen anderem Ende ich anfasse. So kann der Guide mich besser lenken und sich trotzdem gut meinem Tempo anpassen. Dabei teilt der Guide mir auch mit, wenn wir eine Kurve machen, sich der Bodenbelag ändert oder eine Stufe kommt. Zudem gibt er mir immer wieder einen Überblick, wie weit es noch ungefähr bis zum Ziel ist. So kann ich mir die Kraft besser einteilen und mich am Ende perfekt auf den Zielsprint fokussieren.
Rund 34,5 Minuten brauche ich, um das Ziel zu erreichen. Damit bin ich zwar drittletzte, aber dennoch: Ich habe es geschafft. Freudig reiße ich die Arme hoch und nehme mein Finisher-Shirt entgegen, das jeder Teilnehmer, der ins Ziel kommt, erhält. Was für eine Entwicklung! 2013, als ich meinen ersten Triathlon machte, nahm ich noch in einer Staffel teil. Da hatte ich noch Probleme mit meiner Schwimmtechnik und war nach dem Laufen ganz schön erschöpft, obwohl das Schwimmen und Radfahren von zwei Kameraden übernommen wurde. Mein erster eigenständiger Triathlon 2015, bei dem ich erstmals alle Disziplinen in Kombination machte, ging ziemlich schief und ich dachte schon fast, dass mir der Triathlonsport einfach nicht liegt. Nicht zuletzt auch aufgrund von Zeitgründen beschloss ich, meine diesbezügliche Tätigkeit zu beenden – aber ich tat es mit einem für mich erfolgreichen Wettkampf.
Der Triathlonsport ist ein gutes Beispiel dafür, was als blinde Person möglich ist, wenn die Kommunikation zwischen blinden und sehbehinderten Menschen und ihrer sehenden Unterstützung funktioniert. und man sich gegenseitig mit Respekt und Wertschätzung begegnet. Jeder Mensch muss den Triathlonsport erst erlernen, auch Sehende können es nicht von Anfang an. Blinde können diesem Sport genauso nachgehen, nur brauchen sie eben spezielle Unterstützung – doch die Leistung erbringen letzentlich immer noch sie selbst.